Dolos mit Martin – Oktober 2014

Edelziel Tofana: 3244 m, dritthöchster Dolomitenberg, Kletterziele ohne Ende.

Was lange währt ...

Nachts um halb 2 treffen wir nach problemloser Fahrt am großen Parkplatz der Dibonahütte ein und genehmigen uns noch ein Einschlafbier. Draussen ist es richtig kalt, macht aber nichts, schließlich haben wir Ende September und der Wetterbericht für die kommenden Tage ist grandios. Seit Anfang Juli planen Martin und ich diesen Verlängertes-Wochenende-Trip und nie hat der Wetterbericht auch nur annähernd gepasst. Gut, dass wir weiter dran geglaubt haben und Martin ziemlich spontan Montag und Freitag frei nehmen konnte.

Am nächsten Morgen um 20 nach 7 begegne ich als erstes gleich der großen Prominenz. Christoph Hainz mit Gast ist schon auf dem Weg zum Berg, während wir den ersten Kaffee kochen. Natürlich fragen wir ihn nach einem Tourentipp und er bestätigt unseren Plan: "Die Aspettando - das passt schon für den ersten Tag".

Um halb 11 sind dann auch wir am Einstieg. Schon mal gut, dass wir scheinbar die einzigen sind, die heute am 1. Tofanapfeiler klettern wollen. Allerdings können wir auch keinen fragen und suchen doch einige Zeit nach der richtigen Einstiegsrampe.Letztlich entdecken wir ersten Stand und damit ist klar wo's langgeht. Die 50 m dahin schauen fruchterregend aus: steiles 4-er Schroffengelände ohne Sicherung. Nicht so richtig angenehm, aber kein Problem.

In Länge 2 muss Martin dann schon ganz schön ran. 50 m 6b mit 4 Bohrhaken. Er versteigt sich zwischen Nummer 3 und 4, muss ein ganzes Stück zurückklettern und dann - etwas entnervt - über den 4. Haken bis zum Stand mehrfach ansetzen.

An diese Art von Sicherung muss man sich erst gewöhnen. Gut, dass wir uns für den ersten Tag nichts wirklich langes vorgenommen hatten. Nach 6 x Abseilen stehen wir gegen halb 5 wieder am Wandfuß.

Am Dibona-Parkplatz kurz vor dem Start. Eine bequeme halbe Stunde Zustieg - echter Luxus an einem solchen Berg.
Wir klettern am 1. Pfeiler, die Bilder rechts sind unter dem gut sichtbaren Dach im unteren Wandteil.

Aspettanto la vetta (6c, 6b obl., 7 SL, 350m) am 1. Tofanapfeiler

Die Tofanatouren sind im Sicherungsstil ähnlich und mir wird klar, dass ich meine Pläne modifizieren muss. Etwas schwerer mit noch bisschen weniger Haken wäre keine gute Team-Entscheidung. Bei der Abendpizza in Cortina fällt unsere Wahl dann auf The Wall am Falzaregoturm.

10 Seillängen, 2 davon 6c und eine 7a, sonst meist 6b. Fast durchgängig Super-Kletterei und vor allem deutlich besser gesichert. Das ganze erledigen wir stressfrei und auch der Umstand, dass wir diesmal nicht allein waren, erweist sich letztlich als unproblematisch. Die vor uns haben in der 1. Seilläne gestümpert und die hinter uns haben gedrängelt - da hatte ich echte Sorgen. Am Ende waren die einen dann gar nicht wirklich langsam und die anderen auch nicht schneller als wir und alles war ok.

 

Martin beim Kaltstart in der 1. SL von The Wall am Falzaregoturm

Premiere als Apin-Team mehr als geglückt: Martin und Bernd am Gipfel

Tag 3 bringt uns zum Highlight des Wochenendes: Super Tegolina am Croda da Lago (8SL bis 7a, 6b+ obl.). Die Nächte sind wärmer geworden, deshalb riskieren wir das mit der Nordwestwand. In der ersten Seillänge, ein ziemlich bissiger 6b-Riß mit spärlicher Sicherung, hab ich dann doch so richtig kalte Finger und muss etwas fighten.

Dann aber läuft das Team. Martin findet am 3. Alpintag den Flow und klettert die 6c- und die 7a-Seillänge souverän Rotpunkt. Die Kletterei ist einfach phantastisch. Nie richtig schwer, aber immer komplex, Bewegungstechnik und Übersicht sind gefragt. Wir sind spät eingestiegen - sinnvollerweise in diesem Fall - ab 3 gab's wieder Sonne auf dem Buckel. Dafür war's dunkel, als wir zum Auto zurück kamen. Platt und ziemlich zufrieden ... Martin trinkt das erste Bier schon auf der Fahrt zur Pizza.

 

 

Der Vorteil, wenn man in einer Nordwestwand klettert und auf Nachmittagssonne spekuliert: Luxus-Früstück

nach 3 Stunden Klettern kam in SL 5 die Sonne zurück

Martin in Länge 6 der Super Tegolina

Zum Abschluß am 4. Tag war nur noch Plaisir drin. Ultima Tule am Hexenstein: 8 SL, max. 6c, super gesichert, 10 Min. Zustieg, 45 Min. Abstieg über Wanderweg - und das alles bei traumhafter Kletterqualität. Kaum zu glauben, dass es das gibt. Was für ein Wochenende.

 

 

Martin bei der Abschlusstour: Ultima Tule am Hexenstein

Cinque Torri

Kultur zum Schluss: Der Hexenstein ist praktisch als ganzer Berg zur Festung umgebaut worden. Beim Klettern auf der Frontseite kommt man plötzlich - mitten in der senkrechten Wand - an Schießscharten vorbei, die offensichtlich lange Verbindungsgänge auf die andere Seite bzw. nach oben haben. Vom Gipfel sieht man dann eine ungalubliche Anzahl und Dichte an Stollen und Gräben.

 

 

Wikipedia: Der Hexenstein war ein zentrales Kampfgebiet im Gebirgskrieg 1915-1918. Er nahm eine strategisch bedeutende Eck-Stellung für die österreichisch-italienische Front ein, die vom Valparolapass zum Col di Lana über dem Buchensteintal (Livinallongo) verlief. Das veraltete, von den Italienern seit 1915 mehrfach beschossene Werk Tre Sassi konnte seiner Sperrfunktion zur Verteidigung des österreichischen Gadertals nicht mehr gerecht werden und musste aufgegeben werden.

Stattdessen wurde der Hexenstein, auf dem es ursprünglich nur eine kleine Feldwache gab, von den Italienern zunächst unbemerkt, zu einer Festung ausgebaut. Die Geschütze lagen auf der Rückseite am Nordhang, der Gipfel war Beobachtungsposten. Nachdem es den Italienern nicht gelungen war, die Stellung einzunehmen, kam es 1916 zum Minenkrieg mit insgesamt 5 Sprengungen am Lagazuoi, ohne dass es zu einem Durchbruch der Italiener kam.

Veröffentlicht in Alpinklettern, Klettern, Tourenbericht.

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